Das 1×1 der Darmbakterien – Teil I - myBioma

Das 1×1 der Darmbakterien – Teil I

Wolltest du auch schon immer wissen, welche Bakterien der Darmflora gut oder böse sind? Dann bist du hier genau richtig! Wir zeigen dir heute 10 Bakterien, die deine Darmgesundheit fördern und wie sie das zustande bringen. Im Teil II gibt es nächste Woche 10 der kleinen Mitbewohner, die dir zur Gefahr werden können.


Außerdem erklären wir, warum du keine Angst vor Bakterien haben musst.

Das Mikrobiom umfasst alle Bakterien, Pilze, Viren und Urbakterien und ihre genetische Informationen, die in deinem Darm vorhanden sind. Das sind unglaublich viele Mikroorganismen. Die meisten davon sind Bakterien. Daher beschäftigt sich die Wissenschaft auch am meisten mit ihnen. In unseren Breitengraden haben wir eine richtige Bakterien-Phobie entwickelt und fürchten uns vor Dreck, Krankheiten und Keimen. Diese Ängste sind aber unbegründet, weil nur 1 % aller Bakterien krank machen. Tatsächlich könnten wir ohne Bakterien gar nicht so leben, wie wir es gewöhnt sind. Bakterien sind aus unserer Welt nicht wegzudenken und wir brauchen sie um gesund zu bleiben. Hier gibt’s mehr Informationen dazu!

Mit vielen Bakterien gehen wir im Darm sogenannte Symbiosen ein, das heißt wir helfen uns gegenseitig, indem wir zum Beispiel Nahrung bereitstellen und die Bakterien die Darmschleimhaut pflegen. Allerdings sind Bakterien keine lieben Freunde, die uns nur helfen wollen. Sie sind kleine Organismen, die einfach versuchen zu überleben. So kommt es vor, dass sich Bakterien entsprechend ihrer Umgebung unterschiedlich verhalten. Ist der Darm chronisch entzündet, reagiert ein sonst friedliches Bakterium eventuell schädlicher als im gesunden Darm. Wichtig ist also zu erkennen, dass Bakterien zu unserer Gesundheit beitragen, aber weder unsere Freunde noch Feinde sind. (1)

Außerdem kommt es beim Mikrobiom nicht nur auf einzelne Bakterien an, sondern die Gesamtheit aller Bakterien wirkt sich auf die Gesundheit aus (1). In vielen Studien wurden besonders hilfreiche Bakterien der Darmflora entdeckt – auf die werfen wir nun einen Blick!

1. Faecalibacterium prausnitzii

F. prausnitzii ist ein Bakterium, dass bereits in vielen Studien als anti-entzündlich und gesundheitsfördernd erkannt wurde. Es wurde mit reduziertem Risiko für Übergewicht und vielen Krankheiten, wie Diabetes und Fettstoffwechselstörungen in Verbindung gebracht. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen fehlt das Bakterium oft und könnte an der komplexen Krankheit beteiligt sein.
F. prausnitzii unterstützt auch die Darmschleimhaut in ihrer Regeneration: Durch den Abbau von Ballaststoffen stellt es kurzkettige Fettsäuren her, die die Schleimhaut pflegen. (2, 3)

2. Lactobacillus

Die Bakteriengruppe Lactobacilli, auch Laktobazillen, gehören zu den Milchsäurebakterien. Sie sind die Bakterien, die Milch zu Joghurt oder Käse verwandeln. Bei der Fermentation verdauen die Laktobazillen den Milchzucker und lassen als “Abfall” Milchsäure zurück. Dadurch erhält Joghurt seinen säuerlichen Geschmack. Auch als Probiotikum werden Laktobazillen häufig eingesetzt, weil sie das Immunsystem unterstützen und Beschwerden, wie Durchfall oder Verstopfung lindern können (4, 5). Du kannst deinem Darm auch etwas Gutes tun, indem du Nahrungsmittel mit vielen Laktobazillen verspeist, wie Sauerteigbrot, Sauerkraut oder Oliven. (6)

Milchsäurebakterien sind Meister der Fermentation – so wandeln sie Milch zu Joghurt um.

Milchsäurebakterien sind Meister der Fermentation – so wandeln sie Milch zu Joghurt um.

3. Roseburia hominis

Die Bakteriengruppe Roseburia ist in ihrem Einfluss auf den Körper noch nicht vollständig erforscht. Manche Studien finden einen gesundheitsfördernden Einfluss, andere zeigen das Gegenteil. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es unterschiedliche Arten Roseburia gibt. Das Bakterium R. hominis ist am besten erforscht. Bei Menschen mit Colitis ulcerosa, einer entzündlichen Darmerkrankung, fehlt R. hominis und könnte in Zukunft als Behandlung getestet werden. (7)

4. Akkermansia muciniphila

Bei A. muciniphila handelt es sich um ein überaus spannendes Bakterium. Es wurde bereits in vielen Studien untersucht und scheint bei einigen Krankheiten vermindert im Darm vorzuliegen. Möglicherweise schützt es vor Übergewicht, chronischer Entzündung und Diabetes. Sogar bei Multipler Sklerose, einer Nervenerkrankung, ist das Bakterium stark vermindert und seine Abwesenheit könnte zur Krankheit beitragen. (2, 8)

5. Bifidumbacterium

Die Bakteriengruppe der Bifidobakterien sind auch Milchsäurebakterien und können Milchzucker bei der Fermentation abbauen. Sie kommen vor allem in Milchprodukten, wie Joghurt oder Kefir vor. Hier zeigen wir dir, wie du ganz einfach selbst Joghurt herstellen kannst! In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass Bifidobakterien bei Übergewichtigen vermindert vorliegen. Eventuell könnten sie also zu einem Normalgewicht beitragen (9). Wie auch Lactobacilli, werden Bifidobakterien oft in Probiotika eingesetzt – also in Form von Tabletten oder Pulver zu Ergänzung der Darmflora verabreicht.

Probiotika enthalten gesundheitsfördernde Bakterien und sollen die Darmflora ergänzen.

Probiotika enthalten gesundheitsfördernde Bakterien und sollen die Darmflora ergänzen.

6. Methanobrevibacter smithii

Methanobrevibacter sind etwas ganz Besonderes: Sie sind nämlich keine Bakterien, sondern gehören zu den sogenannten Archaeen oder Urbakterien. Archaeen ähneln den Bakterien, sind aber eine eigene Lebensform. Methanobrevibacter lebt auch im Darm und zählt zum Mikrobiom. In einer Studie konnte M. smithii mit gesundem Körpergewicht assoziiert werden und so vor Übergewicht schützen.
Beim Stoffwechsel von M. smithii entstehen im Darm Methangase, die zu Blähungen und Bauchschmerzen führen können. So könnte dieses Urbakterium auch an den Beschwerden des Reizdarm Syndroms beteiligt sein. (9, 10)

7. Alistipes

Wir kehren wieder zu den Bakterien zurück: Die Bakteriengruppe der Alistipes gehört ebenfalls zu der Gruppe Bakterien, die sich anti-entzündlich und schützend im Darm bemerkbar machen. Bei Morbus Crohn, einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, ist Alistipes nämlich reduziert. Auch vor Übergewicht und Diabetes scheint es zu schützen. (11)

8. Prevotella

Die Gruppe der Prevotella-Bakterien ist äußerst interessant. Anhand der am häufigsten vorkommenden Bakterien im Darm, kann man jeden Menschen einem der drei “Enterotypen” zuteilen. Der Enterotyp wird also abhängig von den dominanten Bakterien benannt und ist stark von der Ernährung geprägt. Prevotella bildet einen dieser Enterotypen und liegt vor allem bei Menschen mit einer pflanzenbasierten Ernährung vor, was als eine der gesündesten Ernährungsformen gilt. Andererseits wurden Prevotella auch in einigen Studien mit entzündlichen Erkrankungen in Verbindung gebracht und könnten dem Darm eventuell auch schaden. Die Studienlage ist also noch nicht ausreichend geklärt Klar ist jedenfalls, dass Prevotella auf jeden Fall eine große Rolle in unserem Darm spielt! (12, 13)

Zur Herstellung der leckersten Käsesorten braucht es Bakterien, wie Enterokokken.

Zur Herstellung der leckersten Käsesorten braucht es Bakterien, wie Enterokokken.

9. Enterococcus

Obwohl der Name es nicht vermuten lässt, gehören auch Enterococci, auch Enterokokken genannt, zu den Milchsäurebakterien. Nicht nur als Probiotikum, sondern auch bei der Herstellung bestimmter Nahrungsmittel, wie Mozzarella, Camembert und Ziegenkäse (lecker), werden sie eingesetzt. Im Körper hängt ihr Nutzen von der genauen Enterococcus-Art ab. Die meisten Enterokokken sind normale Darmbewohner. Sie produzieren zum Beispiel entzündungshemmende Stoffe. Jedoch andere Enterokokken-Arten können aber krankheitserregend sein. (6, 14, 15)

10. Lactococcus

Der Lactococcus zählt zu den Milchsäurebakterien und kommt vor allem in Milchprodukten, wie Buttermilch, Kefir und Käse vor. Außerdem werden Lactococci gerne als Probiotikaeingesetzt und sollen so die Darmflora ergänzen. Lactococci produzieren entzündungshemmende Stoffe und gleichzeitig stärken sie die Immunität deiner Darmschleimhaut. (16)
Das ist ein kleiner Auszug aus all den Darmbakterien, die sich auf deinen Körper und deine Gesundheit positiv auswirken können.Vergiss aber nicht, dass es immer auf die Kombination aller Bakterien ankommt und nur ein einzelnes Bakterium deinen Darm nicht gesund machen kann!

Referenzen

  • Bäckhed F, Fraser CM, Ringel Y, et al. Cell Host Microbe, 2012;12(5):611-22.
  • Le chatelier E, Nielsen T, Qin J, et al. Nature, 2013;500(7464):541-6.
  • Quévrain E, Maubert MA, Michon C, et al. Gut, 2016;65(3):415-425.
  • Harsharn Gill, Jaya Prasad, Advances in Experimental Medicine and Biology, vol 606. Springer, New York, NY, 2008, ISBN 978-0-387-74087-4, S 423-454.
  • Nagendra P Shah, International Dairy Journal, 2007;17(11):1262-1277.
  • Hans G. Schlegel, Christiane Zaborosch: Allgemeine Mikrobiologie. 7. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1992, ISBN 3-13-444607-3, S. 100 f., 296–304.
  • Machiels K, Joossens M, Sabino J, et al. Gut. 2014;63(8):1275-83.
  • Jangi S, Gandhi R, Cox LM, et al. Nature Communication 2016;7:12015.
  • Million, M. et al. International Journal of Obesity 2011;36(817).
  • Weaver, G., Krause, J., Miller, T. & Wolin, M. Gut, 1986;27(698).
  • Willing BP, Dicksved J, Halfvarson J, et al. Gastroenterology, 2010;139(6):1844-1854.e1.
  • Ley RE. Nature Rev Gastroenterology & Hepatology, 2016;13(2):69-70.
  • Arumugam, M. et al. Nature, 2011;473(174).
  • Ouwehand AC, Forssten S, Hibberd AA, et al. Annals of Medicine, 2016;48:4, 246-255.
  • Fouliquie Moreno MR, Sarantinopoulos P, Tsakalidou E, et al. International Journal of Food Microbiology, 2006;106(1):1-24.
  • Holzapfel WH, Haberer P, Geisen R, et al. American Journal of Clinical Nutrition, 2001;73(2):365S–373.
Dr. Elisabeth Orgler
Dr. Elisabeth Orgler
Ärztin und Ernährungsexpertin
Als Medizinerin, Ernährungsspezialistin und Autorin beschäftigt sich Elisabeth seit Jahren intensiv mit den Bereichen Darm, Verdauung, Mikrobiom und Ernährung. Ihre Arbeit bietet wertvolle Einblicke und praktische Ratschläge für ganzheitliche Gesundheit.