10 Punkte: Fasten und das Darm-Mikrobiom - myBioma

10 Punkte: Fasten und das Darm-Mikrobiom

Es ist so weit: Die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern beginnt am 14.Februar. Aber ist das ursprünglich religiöse Fasten heute noch ein Thema? Ja, mehr als je zuvor! Denn Fasten liegt voll im Trend. Immer weitere Studien belegen die unglaublichen gesundheitlichen Vorteile durch die Essenspause. Doch was passiert dabei im Körper und wie ist die Darmflora daran beteiligt? Und geht es auch ohne Verzichten? Wir klären die vielen Fragezeichen in 10 Punkten und zeigen dir Tipps zum einfachen Umsetzen!

1. Was bedeutet Fasten?

Fasten hat viele Definitionen. Einerseits kann religiöses Fasten im Christentum, Islam oder Judentum gemeint sein, andererseits auch Fasten-Kuren oder Intermittent Fasting. Bei letzterem besteht der Tag typischerweise aus einem Essensfenster von acht Stunden und einer Fasten-Periode von 12 – 16 Stunden. Das könnte also bedeuten Frühstück um 7:00 h, Mittagessen um 13:00 h und Abendessen um 17:00 h. Eine andere Möglichkeit ist das einmal wöchentliche Einlegen eines absoluten Fastentags, wo nur Wasser und Tee getrunken wird. (1)

2. Die Evolution des Fastens

Die Praxis des Fastens reicht tiefer als die Traditionen diverser Religionen. Tatsächlich liegen die Wurzeln in der Steinzeit und verbinden uns mit der Tierwelt. Denn unsere Vorfahren mussten ursprünglich anstrengende Nahrungssuche und intensive Jagden betreiben, um uns zu ernähren. Der damit verbundene Aufwand verlangte viel Zeit und Energie, sodass anschließende Pausen nötig waren. Viele Tiere in freier Wildbahn leben auch heute so und haben lange Fasten-Intervalle zwischen ihren Futtersuchen. Unser Körper ist also auf längere Essenspausen ausgelegt und benötigt sie sogar (2).

3. Geheimnisvolle Zellalterung

Von der Wissenschaft lange ignoriert, kommen die Vorteile des Fastens erst jetzt ans Licht. Besonders spannende Wirkungen hat der Essensverzicht auf unsere Zellen. Schadstoffe, die beim normalen Stoffwechsel anfallen, müssen regelmäßig entsorgt werden. Die zuständigen Reinigungs- und Recyclingprozesse laufen in den Zellen aber erst ab, wenn keine neue Nahrung zugeführt wird. Für die “Entgiftung” müssen alte Energiereserven abgebaut werden – nur so wird die Zelle ordentlich durchgeputzt (2).

4. Die Folgen des Dauer-Essens

Werden Schadstoffe nicht regelmäßig aussortiert, altern unsere Zellen schneller und werden krankheitsanfällig. Zahlreiche Studien konnten feststellen, dass längere Essenspausen das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und sogar Übergewicht deutlich senken. Aber auch Menschen mit rheumatoider Arthritis (Entzündungen der Gelenke) profitieren vom Fasten, da es die Beschwerden mindern kann. Du siehst, Fasten ist unglaublich wichtig für den Körper und hilft dir gesund und fit zu bleiben (2).

5. Was passiert mit der Darmflora beim Fasten ?

Die spannenden Effekte des Verzichts gehen noch weiter: Das Fasten beeinflusst auch die Zusammensetzung deiner Darmflora. Durch eine seltenere Nahrungsaufnahme können sich einige Bakterien stärker vermehren als andere. Diese Bakterien stellen bestimmte Stoffe, wie Essig- und Milchsäure her. Beide Stoffe werden ins Blut aufgenommen und regen den Fettabbau an. Das heißt beim Fasten nimmst du nicht nur durch weniger Nahrung ab, sondern dein Stoffwechsel wird von der Darmflora angekurbelt und zu viel vorhandenes Fett wird abgebaut (3). Aber welche Veränderungen ergeben sich nun genau in der Darmflora während des Fastens?

Wissenschaftlich belegte Effekte des Fastens auf das Darm-Mikrobiom

Laut Studien zeigt Fasten den größten Effekt auf das Verhältnis von Firmicutes zu Bacteroidetes. Der Anteil an Firmicutes sinkt, Bacteroidetes bilden dann den größten Teil aller Bakterien im Darm. Dies könnte einen Einfluss auf das Gewichtsmanagement haben, da Bacteroidetes auch als Schlankmacher-Bakterien bekannt sind. Firmicutes hingegen sind in der Lage, mehr Energie aus der aufgenommenen Nahrung zu ziehen und dem Körper deshalb mehr Kalorien zur Verfügung stellen.

Eine weitere nennenswerte Veränderung zeigt sich bei der Produktion von kurzkettigen Fettsäuren (SCFA). Drei Monate nach einer Fastenperiode zeigen sich signifikant erhöhte Werte an der Fettsäure Butyrat. SCFA sind unabdingbar für einen gesunden Darm und Darmschleimhaut und sind wichtig, um Entzündungen im Körper zu reduzieren. Sie können damit verschiedenen Darmerkrankungen, wie einem Reizdarmsyndrom, entzündlichen Darmerkrankungen oder auch durch eine Verbesserung der Insulinsensitivität einer Adipositas entgegenwirken oder diese verbessern. (4),(5)

Fasten kann also sehr gesund für dich, deinen Darm und für deine Darmgesundheit sein.

6. Zaubermittel Spermidin

Fasten ist also gesund. Macht aber nicht Spaß – gibt es da keinen Weg daran vorbei? Vielleicht schon. Ein Grazer Forschungsteam machte vor weniger Zeit eine spannende Entdeckung: Ein Stoff namens Spermidin kann die Reinigung und das Recycling der Zelle auf dieselbe Art anregen! Fasten ohne fasten – beinahe, denn am effektivsten bleibt immer noch die Essenspause. Trotzdem konnten bei Tierversuchen rund um Multiple Sklerose und Demenz mit Hilfe von Spermidin bereits positive Wirkungen erzielt werden (6). Unglaublich, oder?

7. Welche Lebensmittel enthalten Spermidin?

Woher bekommst du die Zauber-Zutat nun? Besonders hohen Gehalt an Spermidin haben Weizenkeime, Hülsenfrüchte, wie Sojabohnen und Vollkornprodukte. Letzteres freut auch deine Darmbakterien und kann helfen eine gesunde Darmflora aufzubauen. Aber auch Pilze, Mangos und vor allem gut gereifter Cheddar Käse schneiden gut ab. Und was hat es mit Sperma auf sich? Tatsächlich besitzt der Namensverwandte ebenfalls eine hohe Konzentration, wurde aber noch nicht auf seine Wirkung hin getestet (7).

8. Auf den Rhythmus kommt’s an

Du willst das Fasten mal ausprobieren, weißt aber nicht wie du das durchstehen sollst? Kein Problem. Nimm dir nicht zu viel vor, sondern lass es langsam angehen. Dein Körper und Hungergefühl müssen sich erst an die Umstellung gewöhnen. Versuche für eine Woche den Abstand zwischen letzter Mahlzeit und Frühstück auf zwölf Stunden auszuweiten. In der nächsten Woche probiere es mit 13 Stunden und so geht es weiter bis du 16 Stunden schaffst. Außerdem kannst du dir einen Schummel-Tag oder das Wochenende frei halten!

Das Buchinger-Fasten (Heilfasten)

Eine weitere Fastenmethode, die durch die vielen positiven Auswirkungen in der wissenschaft große Beachtung findet, ist das Buchinger-Heilfasten. Hier wird das Fasten mit weiteren Komponenten aus der Physiotherapie, Bewegung und Sport, Psychotherapie sowie weiteren Körper-Geist-Methoden kombiniert. Das Buchinger-Fasten wird meist als Gruppenerlebnis, im therapeutischen Kontext unter ärztlicher Aufsicht angeboten und dauert optimalerweise 2-4 Wochen. Vielleicht wäre das etwas für dich, um das Fasten gemeinsam mit anderen zu probieren? Grob unterteilt werden kann die Fastenperiode des Heilfastens in die folgenden 3 Nahrungsphasen:

Phase 1: Vorfasten (1 Tag vor dem Fasten)

  • vegetarische Kost und eine Kalorienrestriktion von 1.000 kcal/Tag
  • Weglassen von Stimulantien wie Koffein, Alkohol oder Nikotin

Phase 2: Fasten

Die Gesamte tägliche Flüssigkeitszufuhr soll mindestens 2,5 Liter betragen.

  • 0,25 Liter frisch gepresste, biologische Gemüse- oder Fruchtsäfte
  • 0,25 Liter Gemüsebrühe
  • Wasser und/oder Kräutertees
  • höchstens 2-3 Teelöffel Honig

Die Ergänzungen liefern eine begrenzte Nahrungsenergiezufuhr, damit einem Abbau von körpereigenem Protein entgegengewirkt werden kann.

Phase 3: Fastenbrechen und Wiederaufnahme von Nahrung (meist 2-3 Tage nach dem Fasten)

Nach der Fastenphase wird langsam wieder etwas Nahrung integriert und die aufzunehmende Kalorienmenge täglich um 200 kcal erhöht. Am ersten Tag des Fastenbrechens werden 800 kcal, meist in Form eines Apfels sowie einer Kartoffelsuppe als Abendessen serviert. Gekaut wird dabei langsam und achtsam.

  • weiterhin erhöhte Aufnahme von Flüssigkeiten wie Wasser und ungesüßten Kräutertee

Durch das Heilfasten können sich unter anderem verbesserte Blutfette und eine bessere Blutzuckerregulierung, eine Steigerung des emotionalen und körperlichen Wohlbefindens sowie auch ein überaus positiver Effekt auf das Darm-Mikrobiom zeigen. Fasten hat belegte positive Auswirkungen auf funktionale gastrointestinale Erkrankungen (wie Blähbauch, Verstopfungen, Bauchschmerzen), Reizdarmsyndrom, chronische Verstopfungen oder entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa. (4), (8)


9. Schlau Essen

Natürlich spielt auch die richtige Ernährung eine große Rolle. Süße Zuckerbomben gleich am Morgen werden dich nicht satt halten. Starte mit einem ausgewogenen Frühstück in den Tag, wie zum Beispiel unserem leckeren Hirse-Müsli! Achte darauf, Vollkornprodukte in deine Ernährung zu integrieren – das sorgt für langanhaltende Energie. Außerdem solltest du ausreichend Proteine und gesunde Fette in den Menüplan einbauen.

Langfristige Auswirkungen und Nachsorge nach dem Fasten

Nach einer Fastenphase liegt es wieder in den Händen eines jeden, auch weiterhin auf die Ernährung zu achten. Studien zeigen, dass die positiven Veränderungen in der Darmflora, die durch das Fasten entstehen, innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung des Fastens zum Ausgangszustand zurückkehren. Fasten sollte daher nicht als Wundermittel zur Verbesserung der Zusammensetzung der Darmflora gesehen werden, sondern als unterstützende Maßnahme. (4), (8), (9)

Nach dem Fasten ist es besonders wichtig, den Bakterien im Darm das richtige Futter zu geben, um die kurzfristigen Veränderungen im Mikrobiom zu erhalten. Wir geben dir hier 3 Tipps mit auf den Weg, um deine Diversität im Darm zu erhöhen und damit das Risiko für verschiedene Krankheiten sowie Übergewicht zu verringern und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern:

  • Achte auf eine ballaststoffreiche und nährstoffreiche Ernährung. Priorisiere hierfür Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst.
  • Bringe Abwechslung in deinen Speiseplan. Versuche möglichst viele verschiedene Lebensmittel zu integrieren. Das kann die Vielfalt in deinem Darm erhöhen und das Wohlbefinden steigern.
  • Konsumiere möglichst viele unverarbeitete Lebensmittel. Dadurch verringerst du die Aufnahme von Zusatz- oder Konservierungsstoffen sowie weiteren Zusätzen, die deinem Mikrobiom schaden können.

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10. Ein Trick bei Hungergefühlen: Kaffee

Jetzt brauchst du noch einen kleinen Trick, wenn der Hunger dich überkommt. Beim Buchinger-Fasten wird aktiv darauf verzichtet, aber beim Intermittent Fasting wird es gerne eingesetzt: Schwarzer Kaffee. Er lässt jedes Hungergefühl verschwinden! Wenn dir also vormittags der Magen knurrt, kann  ein Espresso das Problem lösen. Und keine Sorge, vier Tassen Kaffee am Tag sind auf jeden Fall erlaubt (10). Achte aber immer individuell darauf, wie du Koffein verträgst und entscheide für dich, ob das Fasten mit oder ohne Kaffee für dich der richtige Weg ist.

Moderne Forschungsansätze / Ausblick

Die aktuellen und zukünftigen Forschungsarbeiten zum Fasten im Zusammenhang mit der Darmgesundheit und dem Mikrobiom ist von entscheidender Bedeutung. Es besteht dringender Bedarf an Studien zu den Langzeiteffekten verschiedener Fastenmethoden auf spezifische Krankheitsbilder und die Darmflora. Zusätzlich wird die Rolle der Ernährung nach dem Fasten intensiv erforscht, um langfristige gesundheitliche Vorteile des Fastens maximieren zu können. Die Forschung trägt dazu bei, neue Erkenntnisse zu gewinnen und gezielte Ansätze zu entwickeln, um die Gesundheit und das Wohlbefinden durch das Fasten verbessern zu können.

Referenzen

  • (Peterson CM. Intermittent Fasting Induces Weight Loss, but the Effects on Cardiometabolic Health are Modulated by Energy Balance. Obesity (Silver Spring), 2019;27(1):11.
  • Longo VD, Panda S. Fasting, Circadian Rhythms, and Time-Restricted Feeding in Healthy Lifespan. Cell Metab. 2016;23(6):1048-1059.
  • Haas JT, Staels B. Fasting the Microbiota to Improve Metabolism?. Cell Metab. 2017;26(4):584-585.
  • Mesnage, R. et al. (2019) ‘Changes in human gut microbiota composition are linked to the energy metabolic switch during 10 d of Buchinger fasting’, Journal of Nutritional Science, 8, p. e36. Available at: https://doi.org/10.1017/jns.2019.33.
  • QuHu, X. et al. (2023) ‘Intermittent fasting modulates the intestinal microbiota and improves obesity and host energy metabolism’, npj Biofilms and Microbiomes, 9(1), p. 19. Available at: https://doi.org/10.1038/s41522-023-00386-4.
  • Madeo F, Eisenberg T, Pietrocola F, Kroemer G. Spermidine in health and disease. Science, 2018;359(6374).
  • Mohamed Atiya Ali, Eric Poortvliet, Roger Strömberg, Agneta Yngve: Polyamines in foods: development of a food database. In: Food & Nutrition Research. Band 55, Nr. 1.
  • Wilhelmi De Toledo, F. et al. (2013) ‘Fasting Therapy - an Expert Panel Update of the 2002 Consensus Guidelines’, Complementary Medicine Research, 20(6), pp. 434–443. Available at: https://doi.org/10.1159/000357602.
  • Popa, A.D. et al. (2023) ‘A Scoping Review of the Relationship between Intermittent Fasting and the Human Gut Microbiota: Current Knowledge and Future Directions’, Nutrients, 15(9), p. 2095. Available at: https://doi.org/10.3390/nu15092095.
  • EFSA (2015) Scientific Opinion on the Safety of Caffeine, EFSA Journal, 13(5):4102.
Dr. Elisabeth Orgler
Dr. Elisabeth Orgler
Ärztin und Ernährungsexpertin
Als Medizinerin, Ernährungsspezialistin und Autorin beschäftigt sich Elisabeth seit Jahren intensiv mit den Bereichen Darm, Verdauung, Mikrobiom und Ernährung. Ihre Arbeit bietet wertvolle Einblicke und praktische Ratschläge für ganzheitliche Gesundheit.