Durchfall: Wenn das Mikrobiom verrückt spielt - myBioma

Durchfall: Wenn das Mikrobiom verrückt spielt

Jeder kennt ihn, aber was wenn er zum langfristigen Begleiter wird: Durchfall ist extrem unangenehm und manchmal auch schmerzhaft. Für viele von uns gehört er zum gelegentlichen Kranksein dazu, aber für manch andere wird er chronisch und beeinträchtigt den gesamten Alltag. Aber wieso leiden so viele Menschen an chronischem Durchfall oder Reizdarm Syndrom? Was für eine Rolle spielen dabei die Darmbakterien? All das und was du gegen hartnäckigen Durchfall tun kannst, erfährst du hier in 10 Schritten.

1. Was passiert bei Durchfall?

Hast du dich schon einmal gefragt, wie Durchfall überhaupt im Darm entsteht? Normalerweise wird deine Nahrung während der Verdauung mit reichlich Flüssigkeit angereichert – bis zu neun Liter pro Tag gibt dein Dünndarm zur Nahrung hinzu! So gut wie alles – 8,9 Liter – nimmt der Darm weiter unten wieder auf, ansonsten hätten wir große Schwierigkeiten ausreichend hydriert zu bleiben. Bei Durchfall hat der Darm entweder zu wenig Zeit das ganze Wasser wieder aufzunehmen oder bestimmte Stoffe oder Erreger in der Nahrung führen dazu, dass der Darm daran gehindert wird das Wasser aufzunehmen. (1)

Es gibt unglaublich viele Ursachen für Durchfall! In der Meidzin spricht man von Durchfall sobald man dreimal pro Tag oder öfter flüssigen Stuhl hat. Entscheidend ist vor allem ob er akut oder chronisch ist. Von chronischen Durchfall spricht man, wenn er länger als sechs Monate besteht und dabei mindestens einmal pro Woche auftritt. Alles darunter gilt als akut. (1, 2)

Auch deine Ernährung spielt bei Durchfall eine wichtige Rolle.

2. Der “normale” Durchfall

Bei akutem Durchfall handelt es sich oft um die wohlbekannten Magen-Darm-Grippen und Lebensmittelvergiftungen. Dabei schnappt der Körper Krankheitserreger, wie Viren oder bestimmte Bakterien, auf. Die Erreger reizen Darm und Immunsystem und diese schlagen Alarm: Mit dieser Nahrung stimmt was nicht! Der Darm erhöht sofort das Tempo, denn die schlecht verdauliche Nahrung soll schnellstens wieder aus dem Körper – egal ob nach oben oder unten. Dieser Schutzmechanismus ist richtig clever, denn Krankheitserreger und Unbekömmliches werden wir so möglichst schnell wieder los und wir bleiben meist nur für zwei bis drei Tage krank. Das ist also der völlig normale Durchfall 😉 (1)

3. Wenn Durchfall nicht weggeht…

Aber was passiert, wenn Durchfall länger besteht? Dafür gibt es andere Ursachen, wie zum Beispiel bei Unverträglichkeiten und Allergien gegen Nahrungsmittel, Reizdarm Syndrom oder Chronisch Entzündlichen Darmerkrankungen.

Bei Unverträglichkeiten kann ein bestimmtes Nahrungsmittel nicht gut verdaut werden – das ist zum Beispiel der Fall bei Laktoseintoleranz, hier liegt das Problem beim Milchzucker. Es können aber auch Allergien gegen bestimmte Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Nüsse oder Äpfel entstehen. Auch Zöliakie ist eine Sonderform der Unverträglichkeiten, nämlich auf Gluten (ein Weizenbestandteil). (1)

Selten aber doch kann Durchfall auch durch Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen ausgelöst werden. Dabei liegt wahrscheinlich eine komplexe Störung des Immunsystems, des Darms und des Mikrobioms vor, die bewirkt, dass die Darmschleimhaut dauerhaft entzündet ist. (1)

4. Mysterium Reizdarm Syndrom

Eine der häufigsten Ursachen für chronischen Durchfall ist das Reizdarm Syndrom. Die genauen Ursachen dafür sind noch nicht vollständig geklärt, allerdings gibt es bereits vielversprechende Thesen. Wahrscheinlich entsteht die Erkrankung durch ein gestörtes Zusammenspiel des Immunsystems, der Darmbakterien und äußeren Einflüssen, wie zum Beispiel Ernährung, Medikamente, Psyche und Bewegung. Ein Reizdarm äußert sich bei jedem Menschen anders: So kann es beim Einen zu schwersten Durchfall, beim Anderen zu hartnäckiger Verstopfung oder zu einer Mischung aus beidem führen. Der Schlüssel zur Erklärung dafür könnte im Mikrobiom liegen! (3)

Bei Durchfall verlieren wir unglaublich viel Wasser – das heißt wir müssen umso mehr trinken.

5. Wie das Mikrobiom zu Reizdarm führt

Alle Bakterien des Darms bilden gemeinsam ein kleines Universum, das deinen Körper in vielerlei Hinsicht beeinflusst und für deine Gesundheit unerlässlich ist. Bei vielen Erkrankungen weiß man, dass dieses Mikrobiom aus der Balance gerät – unter anderem auch beim Reizdarm Syndrom. Wenn man also das Mikrobiom von Menschen mit Reizdarm, mit dem Gesunder vergleicht, entdeckt man deutliche Unterschiede. Zum Beispiel ist bei Reizdarm das Verhältnis von den Bakterien Firmucutes zu Bacteroidetes erhöht und es gibt weniger Laktobazilllen und Collinsella. (4)

6. Die Darmbakterien bestimmen zwischen Durchfall und Verstopfung

Interessanterweise gibt es auch je nach Reizdarm-Typ Unterschiede in der Störung des Mikrobioms. So haben zum Beispiel Menschen mit “Durchfalls-Reizdarm” im Vergleich zu Menschen mit “Verstopfungs-Reizdarm” mehr Streptokokken und weniger Bifidobakterien. Zur Zeit fehlen noch genauere Studiendaten zu den Reizdarm-Subtypen, aber in Zukunft könnte es möglich sein, allein von der Untersuchung des Mikrobioms festzustellen, ob und an welchem Subtyp des Reizdarm Syndroms jemand leidet. Wir setzen jetzt die Schritte für diese genaue Analyse! Hier erfährst du mehr über unseren Mikrobiom-Test. (5)

7. Genug Trinken

Du leidest an Reizdarm Syndrom und weißt nicht was du dagegen tun kannst? Als ersten Schritt solltest du darauf achten genug zu trinken. Das klingt vielleicht nicht besonders spannend, ist aber unglaublich wichtig! Wie schon erwähnt (siehe Punkt 1), kann dein Körper unglaublich viel Wasser über den Darm verlieren, was zu einem echten Problem werden kann. Deswegen viel Wasser oder Tee trinken! Bei einem gereizten Darm empfehlen sich übrigens Pfefferminz-Tee oder -Öl, Lavendel, Melisse, Kamille und Koriander.

Das Reizdarm Syndrom wird auch von Stress und dem seelischen Zustand bestimmt – Entspannungsübungen können helfen.

8. Auf die Ernährung schauen

Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass dein Darm auf bestimmte Nahrungsmittel besonders sensibel reagiert. Genau um diese Lebensmittel zu erkennen und um dem Darm eine Erholungsphase zu ermöglichen, gibt es ein Konzept: FODMAP. Dabei verzichtet man für ca. ein Monat auf blähende und schwer verdauliche Nahrungsmittel und führt diese Schritt für Schritt wieder ein. Auf diese Weise merkt man durch welche Nahrungsmittel sich die Beschwerden verstärken oder ausgelöst werden. Aber Achtung, FODMAP ist keine langfristige Lösung, da die Ernährung einseitig ist und gesunde Ballaststoffe fehlen. Vielmehr dient es um den Darm zu beruhigen und um nachhaltige Lösungen zu suchen. (6)

9. Auf die Balance achten

Wie bei vielen Krankheiten, spielt beim Reizdarm Syndrom auch dein seelischer Zustand eine große Rolle. Oft sind die Darmbeschwerden von Stress, innerer Unruhe, Angstzuständen und Depressionen begleitet. Meistens ergibt sich daraus ein Teufelskreis: Stress löst den Reizdarm aus, die Darmprobleme frustrieren und erhöhen den Stress, dem Darm geht es noch schlechter und so weiter und so fort. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist es wichtig in sein Inneres zu hören, Stress abzubauen und ausgewogen zu leben. Regelmäßige Bewegung, Meditation und Zeit für sich, können dabei helfen. Überlege dir, wo du Schwierigkeiten hast und welche Freizeitaktivitäten dir gut tun könnten. Diese Schritte brauchen zwar etwas Zeit bis sie wirken, sind aber umso wichtiger. (3)

10. Auf zum Arzt!

Bitte vergiss nicht zum Arzt zu gehen, wenn deine Beschwerden stark sind oder lang bestehen. Chronischer Durchfall ist ernst zu nehmen und kann medizinische Schritte erfordern. Deswegen solltest du keine Scheu haben beim Arzt vorbei zuschauen und ehrlich von deinen Beschwerden zu erzählen.

Vergiss nie: Du bist nicht allein – unglaublich viele andere Menschen machen dieselben Beschwerden durch. Wir hoffen, dass dir der Artikel geholfen hat und einige interessante Tipps dabei waren!

Bei chronischem Durchfall solltest du einen Arzt aufsuchen.

Referenzen

  • Herold et al. Innere Medizin. Eigenverlag 2012, ISBN 978-3-981-46602-7.
  • Lacy B, Mearin F, Chang L, et al. Bowel Disorders. Gastroenterology. 20116; 150:1393–1407.
  • Ohman L, Simrén M. Pathogenesis of IBS: role of inflammation, immunity and neuroimmune interactions. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2010;7(3):163-73.
  • Kassinen A, Krogius-kurikka L, Mäkivuokko H, et al. The fecal microbiota of irritable bowel syndrome patients differs significantly from that of healthy subjects. Gastroenterology. 2007;133(1):24-33.
  • Jeffery IB, O’toole PW, Öhman L, et al. An irritable bowel syndrome subtype defined by species-specific alterations in faecal microbiota. Gut. 2012;61(7):997-1006.
  • Altobelli E, Del negro V, Angeletti PM, Latella G. Low-FODMAP Diet Improves Irritable Bowel Syndrome Symptoms: A Meta-Analysis. Nutrients. 2017;9(9)
Dr. Elisabeth Orgler
Dr. Elisabeth Orgler
Ärztin und Ernährungsexpertin
Als Medizinerin, Ernährungsspezialistin und Autorin beschäftigt sich Elisabeth seit Jahren intensiv mit den Bereichen Darm, Verdauung, Mikrobiom und Ernährung. Ihre Arbeit bietet wertvolle Einblicke und praktische Ratschläge für ganzheitliche Gesundheit.